Pflege in der Krise: Was kann die Politik tun?
Foto © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Pflege in der Krise: Was kann die Politik tun?

Nationalratsabgeordneter Christian Ragger (FPÖ) im Interview


Die Pflege befindet sich seit Jahren in der Krise. Es mangelt an gut ausgebildetem Pflegepersonal, die vorhandenen Mitarbeiter sind überlastet und zu wenige werden neu ausgebildet. Schlechte Arbeitszeiten, Dauerstress und geringe Löhne verstärken diesen Negativtrend. Was die Politik tun kann, um dem entgegenzuwirken, haben die Kärntner Nachrichten Nationalratsabgeordneten Christian Ragger (FPÖ) in einem Interview gefragt. Er war über viele Jahre als Landesrat für Soziales auch für den Pflegebereich seines Heimatbundeslandes Kärnten zuständig und gilt als einer der engagiertesten und profundesten Sozialpolitiker unseres Landes.

KN: Herr Ragger, die Situation im Pflegebereich wird immer prekärer. Viele Pflegekräfte können oder wollen unter den derzeitigen Voraussetzungen ihren Beruf nicht mehr ausüben. Was kann die Politik tun, um diesem Problem entgegenzuwirken?

Ragger: Zwei Bereiche müssen in Zukunft neu festgelegt werden: Erstens die Ausbildung, zweitens die Finanzierung. Derzeit ist der Pflegeberuf – sowohl was die Bezahlung als auch die öffentliche Darstellung anbelangt – unterrepräsentiert. Daher ist es notwendig, diese beiden Bereiche neu zu regeln. Dabei ist es wichtig, dass nicht nur die Bezahlung angehoben, sondern auch die Ausbildung mit der Pflegelehre vorverlagert wird, damit letztendlich ein früher Beginn der Pflegeversorgung vorgenommen werden kann. Zur Finanzierung bedarf es hier endlich einer Regelung aller Zahlungsströme (allein in Kärnten gibt es 64 pro Pflegebett, Anm. der Redaktion), sodass hinkünftig aus einer auszahlenden Stelle ein Zuschuss an die einzelnen Personen oder Institutionen, die die Pflegeversorgung durchführen, vorgenommen werden kann.

KN: Der Mangel an Pflegekräften wird auch dadurch massiv verschärft, weil sich immer weniger Menschen dazu entscheiden, eine Ausbildung in diesem Bereich zu beginnen. Wie kann man den Pflegeberuf attraktiver gestalten?

Ragger: Wie bereits oben ausgeführt, ist das zentrale Schlüsselelement die Pflegelehre, die mit der Matura gekoppelt und nachfolgend durch ein Studium akademisiert werden kann. Somit haben wir einen geschlossenen Ausbildungsweg vom 15. bis zum 30. Lebensjahr. Mit der höheren Ausbildungsstufe ist natürlich nicht nur eine höhere Bezahlung, sondern auch die qualitative Sicherung im System verbunden.

KN: Immer wieder wird die Pflege von den Freiheitlichen als Lehrberuf ins Spiel gebracht. Vor allem SPÖ und ÖVP stehen diesem Ausbildungsmodell im Pflegebereich aber ablehnend gegenüber. Was entgegnen Sie den Kritikern der Pflegelehre, warum wäre diese wichtig?

Ragger: Ganz einfach: Ein Blick in die Schweiz, wo es 15 Jahre Erfahrung mit einem funktionierenden System gibt, das genau auf diesen Vorschlägen aufbaut.

KN: Wie ist die Haltung Ihrer Partei zur stationären Pflege in Heimen gegenüber der häuslichen Pflege in den eigenen vier Wänden? Sollten Menschen, die ihre Angehörigen selbst zuhause pflegen in irgendeiner Form besser unterstützt werden?

Ragger: In erster Linie braucht es ein individuelles Pflegevorsorgemodell. Wer zu Hause pflegt, soll 1.000 Euro im Monat erhalten. Dazu sind auch Zwischenstufen in der Versorgung wichtig, die durch selbstbestimmte Einrichtungen wie Alternative Lebensräume, mobile Dienste, Übergangspflege, Kurzzeitpflege und letztendlich das Pflegeheim gewährleistet werden.